Beitrag vom 23/04/2024

Mündigkeit – ein gefragtes Gut

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Es wird rege diskutiert:  wieviel Transparenz braucht/verträgt eine Organisation? Wie gelingt Führung, braucht es sie überhaupt? Und was ist mit der Empathie – wie weit soll sie gehen? Wann wird sie übergriffig? Im gleichen Atemzug: HomeOffice, SelfCare, Diversität, Inklusion und KI. Alles wichtige Themen. Der mündige Mensch ist gerade in gefragtes Gut.

Kurze Definition für Mündigkeit: Mündigkeit ist ein Begriff, der die Fähigkeit einer Person beschreibt, selbstständig und eigenverantwortlich zu handeln, Entscheidungen zu treffen und die Konsequenzen der Handlungen zu tragen.

Ab einem gewissen Alter gelten wir als mündig. Der Gesetzgeber traut uns zu, dass wir fähig sind, die von uns getroffenen Entscheidungen und deren Konsequenzen abzuschätzen und darauf basierend zu handeln. Der Staat nimmt z.B. in Kauf, dass Mensch mit Fahrzeugen herumfahren kann, deren Tempi ihn komplett überfordern. Aber wenn ich die Diskussion verfolge, gilt dieses Vertrauen – nennen wir es einfach mal so – nicht unbedingt für die Arbeitswelt. Ich habe Fragen:

  • Wenn Chefs behaupten, dass ihre Mitarbeitenden effizienter sind, wenn sie vor Ort in der Firma arbeiten und der Teamgeist damit gestärkt wird, stimmt Ersteres sicherlich für die Produktion. Aber sonst – was heisst Effizienz in diesem Kontext? So viel wie möglich? So schnell wie möglich? So koordiniert resp. abgestimmt wie möglich? Und fehlt für Letzteres vielleicht einfach die Fantasie oder das Wissen, wie Teamgeist auch gestärkt werden könnte? Oder geht es letztendlich doch um Kontrolle und das damit verbundene Gefühl der Sicherheit?
  • Wenn Mitarbeitende behaupten, dass sie mehr Flexibilität brauchen – was steckt dahinter? Ist es so, dass (Arbeits-)Zeit effizienter genutzt wird (siehe auch Fragen oben)? Dass dieser Mehrwert auch dem Unternehmen was bringt? Oder ist es reine Selbstoptimierung, welche die Konsequenzen auf den Betrieb und dessen Gesamtleistung ungenügend oder gar nicht in Betracht zieht?
  • Wenn die Förderung von Diversität und Inklusion angesprochen wird: sieht sich mensch selbst in der Verantwortung, oder vor allem die anderen? Und beinhaltet diese Verantwortung, dass Diversität und Inklusion störend, widersprüchlich oder gar unangenehm sein könnten? Was würden wir tun, wenn wir einfach könnten? Und was nicht, wenn es unbequem wird?
  • Was mich zum Thema SelfCare bringt. Was verbirgt sich hinter diesem Begriff? Was heisst es, mir Gutes zu tun, zu mir zu schauen, mich und meine Bedürfnisse als Priorität zu sehen? Und was hat es für Konsequenzen, wenn ich darunter verstehe, dass die Privilegien, die ich habe, mir auch zustehen? Und – was, wenn mir dies Privilegien zu wenig sind? Mein*e Arbeitskolleg*in mehr hat? Ich mehr brauche?!?

Ich, mir einen Kaffee einflössend (auch Pausen sind ein gefragtes Gut!): Mündigkeit fängt nicht bei den anderen an. Sondern bei mir. Meine Messlatte ist für mich. Und dann mal schauen, wie locker ich drüber springe.

Was geht dir so durch den Kopf?

llustration: Laura von Känel

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Die Kinder haben recht: Die Liebe ist das Einzige, was zählt, und darum setzen wir unsere Prioritäten nochmals neu: von B-to-B (Business-to-Business) über B-to-C (Business-to-Consumer) zu B-to-L, «Business-to-Love».
François-Henry Bennahmias (CEO Audemars Piguet)