Beitrag vom 04/12/2024

Transformation braucht psychologische Sicherheit

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Die Angst, dass die aktuelle Kultur nicht zukunftsfähig ist, motiviert Organisationen einen Transformationsprozess einzuleiten. Um hierfür bereit zu sein braucht mensch psychologische Sicherheit. Ohne die Sicherheit, dass in diesem Wandlungsprozess Fehler passieren dürfen, dass kein Ausschluss aus der Gemeinschaft droht, dass belohnt wird, wenn mensch sich tatsächlich dem Verlernen von Gewohnten und dem Lernen von Neuem annimmt, wird eine Transformation scheitern.

Was ist psychologische Sicherheit?

Psychologische Sicherheit ist derzeit in aller Munde. In meinem letzten Beitrag betonte ich ihre Bedeutung für den Erfolg eines kulturellen Wandels. Mikael Krogerus und Roman Tschäppeler lieferten in ihrer Kolumne eine prägnante Einführung in das Thema. Und Vas Narasimhan befragte kürzlich die «Entdeckerin» Amy Edmondson, wie man im Allgemeinen psychologische Sicherheit schafft. Einen zentralen Gedanken gilt es mitzunehmen: Es geht nicht darum, Schutzräume zu schaffen, sondern darum, kontroverse Meinungen auszutauschen, Probleme anzusprechen und Fehler zu geben zu können – ohne Angst vor Ausgrenzung.

Wenn diese Sicherheit besteht, sind wir bereit für Veränderungen. Unsere Lernangst ist dann geringer als die Überlebensangst, und wir scheuen uns nicht, Neues zu lernen und Altes loszulassen. Doch wie schaffen wir diese psychologische Sicherheit? Was kann ich als Führungskraft tun, damit sich meine Mitarbeitenden sicher fühlen, Neues zu lernen, ohne dass wir in einer Wohlfühloase enden?

Psychologische Sicherheit ist die Grundlage für eine Transformation. Sie sollte nicht mit der Wohlfühloase verwechselt werden.

Wie stellen wir psychologische Sicherheit her?

Technisch ist es einfach, diese Sicherheit zu schaffen. Inhaltlich erfordert es Konsistenz und Konsequenz. Daher müssen die Antworten auf folgende Fragen nicht nur schlüssig und nachvollziehbar sein, sie müssen auch möglichst gleichzeitig umgesetzt und vorbildlich gelebt werden:

  • Schaffe eine klare Vision. Warum machen wir die Transformation, wohin führt sie uns, und warum ist sie für das Unternehmen notwendig und für die Mitarbeitenden lohnenswert? «Moderner werden», «wettbewerbsfähig bleiben», «attraktiver Arbeitgeber werden» sind nette Anfänge, aber keine Vision. Die Definition dieser Vision ist Führungsaufgabe. In einer hierarchiefreien Organisation übernehmen entsprechende Rollen oder Kreise diese Aufgabe. Soll die Organisation hierarchiefrei werden, kann die Vision nicht an das Team delegiert werden, weil ein Scheitern riskiert wird, da die psychologische Sicherheit noch nicht gewährleistet ist und das Team sehr wahrscheinlich nur Gefälligkeitssätze erstellt.
  • Erarbeite Instrumente (Führung, Kommunikation usw.) die künftig nützlich sein werden. Und lege fest, welche zukünftig nicht mehr gebraucht werden. Es empfiehlt sich, potentielle Influencer und Facilitators einzubinden, die das Tagesgeschäft kennen. Sie wissen meist besser welche Instrumente unbedingt behalten werden sollten, welche überflüssig sind und welche ein Hindernis darstellen werden. Es gilt sorgfältig und konsequent auszumisten! Betriebsanthropologen Input: Lieb gewonnene Instrumente, die nicht mehr gebraucht werden, können auch «zeremoniell beerdiget» werden. Lohnt sich aus zwei Gründen: 1) das Instrumente (und vor allem die mir verbundene Interaktion) werden wertschätzend verabschiedet. Wer sie in der Vergangenheit lieb gewonnen hat, bekommt nicht das Gefühl, das Nützliches einfach weggeworfen wird. Und 2) es wird klar und deutlich, dass die Massnahme ernst gemeint ist.
  • Lege fest wann und wie die Mitarbeitende die neuen Instrumente lernen. Eine fundierte Schulung der Instrumente ist wichtig. Nicht alle müssen zwingend alles lernen. Eine große Schulung kann sinnvoller sein als eine gestaffelte. Es gilt dies fallweise zu entscheiden. Ebenso wie entschieden werden muss, wer schult. Ein Hinweis: die Führungsetage ist nicht immer die beste Wahl.
  • Schaffe Übungsfelder. Der eng getaktete operative Alltag macht das Ausprobieren schwierig. Schaffe Räume in denen Neues ausprobiert werden kann und gute Feedback Möglichkeiten vorhanden sind. Wer hier merkt, dass seine Versuche wertschätzend kritisiert werden, wird motiviert die Transformation weiterzutreiben. Oder eben nicht…
  • Passe das Belohnungs- und Sanktionssystem an. Verstösse müssen sanktioniert werden. Es muss sich lohnen mutig zu sein und im Sinne der Transformation zu handeln. Vermeide das alte Gewissheiten und Gewohnheiten, wie z.B. das Bonussystem, die jetzt der Vision widersprechen, beibehalten werden. Sie sind das Einfallstor für «zurück zum Alten».
  • Mache positive Vorbilder und Beispiele sichtbar. Kolleg*innen auf gleicher und höherer Ebene, die vorangehen und zeigen, dass sich der Weg der Transformation lohnt, müssen positiv hervorgehoben werden. Insbesondere dann wenn sie stolpern. Alle solle sehen, was gewünscht ist.
  • Schaffe Räume in denen sich Mitarbeitende austauschen können. Oft wird dies an die Kaffeemaschine delegiert, die sich irgendwie aber auch nicht zuständig fühlt. Eine Transformation ist eine grosse Sache und Führungskräfte vergessen oft, welchen Weg sie selbst bereits gegangen sind, bevor die Transformationen kommuniziert wurde. Und welchen die Mitarbeitenden nun vor sich haben. Austauschmöglichkeiten sind enorm wichtig, um Frust abzubauen und ungelöste Themen anzugehen. Ziel ist, Sicherheit zu schaffen, damit alle wissen, dass sie Neues ausprobieren können und weiterhin dazugehören.

Das alles erfordert Zeit und Energie. Wer glaubt, eine Transformation sei schnell und leicht – viel Glück! Für alle Anderen: die Investition in psychologische Sicherheit lohnt sich, denn ohne sie bleibt die Transformation ein laues Lüftchen.

Illustration: Laura von Känel

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